Ohne Umladung von Paris nach Bratislava

Fabian Klasen
Mai 2024

Es gibt mehrere Routen für eine Projektverschiffung von Paris nach Bratislava. Üblich ist ein Péniche-Transport bis Antwerpen/Rotterdam, um kostengünstig als Beiladung weiterzureisen. Doch die Anforderung im Best Practise der HSL Division Projects lautete: keine Umladung.

Bei dem sensiblen Transportgut handelt es sich um einen Transformator mit 130 Tonnen Gewicht des französischen Mischkonzerns DAHER, der in der Nähe von Paris eingesetzt wird. Der Transportanlass war die Revision der Anlage in Kroatiens Hauptstadt Zagreb, um die Energieversorgung im Werk weiter sicher zu gewährleisten. Die nachhaltige und sichere Logistiklösung des HSL-Teams in Neuenburg am Oberrhein überzeugte. Die Kolleg:innen Marie-Celine Beyer, Anthony Grass und Toni Nicolay gewannen den Auftrag für den Transportabschnitt auf der Wasserstraße südlich von Paris (nahe Fontainebleau) bis nach Bratislava in der Slowakei. Der Rücktransport ist für Ende 2024 geplant.

Oberste Priorität hatte für DAHER, dass der Trafo auf dem Weg vom Lade- zum Löschhafen nicht umgeladen wird. Mit dieser Vorgabe wollte der Hersteller das Risiko vermindern, dass es bei Umschlägen des hochwertigen Transportguts zu Beschädigungen kommt. Aus zwei Gründen ist dies eine absolute Ausnahme. HSL-Binnenschiffsspezialisit Nicolay erläutert: „Auf dieser Relation wäre es normal, in Antwerpen/Rotterdam umzuladen – zum einen, weil die Weiterverladung als Beiladung kostengünstiger ist, zum anderen, damit die Péniche nicht zu weit aus dem heimischen Fahrtgebiet muss.“

Linkes Bild: Route der MS „Sequens“ (schwarze Linie) kontra der „normalen“ Route via Antwerpen (rot). Dort würde die Umladung ex Péniche auf ein großes Rheinschiff stattfinden. Rechtes Bild: Der 130-Tonnen-Transformator geht im Hafen Vernou-la-Celle-sur-Seine (Fontainebleau) an Bord der Péniche „MS Sequens“. Bildquelle: HSL

Die Qual der Wahl

Für den Schiffer von MS „Sequens“ standen mehrere direkte Routen von Paris nach Bratislava zur Auswahl. Den Ausschlag gab final der Wasserstand. Dieser ließ es zu, die Route via Marne, Marne-Seitenkanal und Rhein-Marne-Kanal zu nehmen. Die Herausforderungen nennt Nicolay: „Die Péniche musste das Schiffshebewerk Arzviller mit einem Schrägaufzug passieren, drei Tunnel des Rhein-Marne-Kanals durchqueren sowie auf dem Weg ab Ladehafen bis zum Rhein insgesamt 143 Schleusen meistern.“

An jedem der neuralgischen Punkte kann es zu Verzögerungen kommen. Deshalb beinhaltet die HSL-Planung entsprechende Puffer bei der Umsetzung, die auch, wie in diesem Fall, eine zweimalige Verschiebung des Ladetermins verträgt. Wie gut die Zeitschiene aufging, verdeutlicht Nicolay: „Das Schiff kam so gut durch Rhein, Main, MDK und Donau, dass der Schiffer vor der Anlieferung am Montagmorgen in Bratislava, mit seiner Frau noch ein Wochenende in Wien verbringen konnte.“

Mission completed: Der Trafo wird zum terminierten Anliefertermin in Bratislava in Empfang genommen. Bildquelle: HSL

Hand in Hand zum Ziel

Während des gesamten Projekts waren die Kolleg:innen im engen Austausch mit dem Partikulier. So errechneten diese gemeinsam weit im Voraus die Parameter, unter denen der Transport ungehindert stattfinden konnte, und die den Zeitvorgaben des Kunden entsprachen. Besonders wichtig ist für HSL dabei ein partnerschaftliches und vertrauensvolles Miteinander. „Denn es benötigt einen Schiffer, der gewillt ist, seinen gewohnten Fahrtbereich zu verlassen, wobei es oft auf feinfühlige Überzeugungsarbeit ankommt“, verdeutlicht Nicolay. Spürbar ist zudem, dass die an der Transportkette Beteiligten die nachhaltigen Verkehre gemeinsam stärken wollen. Das gilt sowohl für die französische Wasserstraßenbehörde (VNF) als auch die Energieerzeuger. Beide sind daran interessiert, die Wasserstraßeninfrastruktur für die Versorgung der Elektrizitätswerke zu sichern.